Omas gegen Rechts Göttingen

Tag der Demokratie im Deutschen Theater Göttingen DT: NSU-Akten, Grundgesetz und „Omas gegen Rechts“

Lesungen, Diskussionsrunde, Infostände und andere Aktionen
Göttingen. Theater sind von jeher Räume, in denen nicht nur Platz für Kultur, sondern für kritisches Denken, für Austausch und für Demokratie ist. Am Sonntag hat das Deutsche Theater in Göttingen einen Tag der Demokratie organisiert.
„Oma, warum sollen denn die Frauen an den Herd?” Die Oma im Puppenspiel erklärt dem Enkel gerne, welche Gefahren für die Demokratie von rechten Parteien, die so etwas fordern, ausgehen. „Und was kann man dagegen tun?“ Ganz klar: „Am 9. Juni zur Europawahl gehen, und eine demokratische Partei wählen.“ Noch bevor die Gäste ins Deutsche Theater traten, zeigten die Göttinger „Omas gegen Rechts” vor dem Haus ihr Puppentheater, und klare Kante gegen Parteien wie die AfD.

„Wir machen das doch für unsere Kinder und Enkel, damit die auch weiterhin in einer freien und bunten Demokratie leben können”, sagte Annegret Breitenbach von den „Omas gegen Rechts”.

Von nachmittags bis in den Abend stand das DT am Sonntag ganz im Zeichen der Demokratie. Veranstaltungen wie die aktualisierte Lesung der Correctiv-Recherche „Geheimplan gegen Deutschland“ standen im dt.2 im Keller auf dem Programm. Dort war auch der Autor Dieter Schenk zu Gast, er las aus seinem Buch „… dann kann ich vielleicht wieder ruhig schlafen“ über den NSU-Prozess. Gespräche dazu und eine abendliche Diskussionsrunde mit Impulsreferaten zu Themen wie Demokratie, Digitalisierung und Politikverdrossenheit standen außerdem auf dem Programm. Initiativen wie Amnesty International und andere hatten Infostände im Bistro aufgebaut.

Demokratie: Von Schiller bis Jelinek
Im großen Saal lasen fünf Schauspieler des DT-Ensembles – Gaby Dey, Bastian Dulisch, Natalie Thiede, Daniel Mühe und Paul Trempnau – Texte zum Thema „Freiheit aushalten”. Von Hendrik Ibsen über Friedrich Schiller bis hin zu Elfriede Jelinek reichte das Spektrum an Vorlagen.

„Allein die Vernunft macht uns zum freien Menschen“, rezitierte Daniel Mühe aus „Laios” von Roland Schimmelpfennig. „GRNDGSTZ” heißt der Text von Annalena und Konstantin Küspert. Fügt man die passenden Vokale hinzu, entsteht das Wort Grundgesetz, um das es in diesem Text geht. Das Grundgesetz, so steht es dort, wird bald 75 Jahre alt, es ist wunderschön, wie ein altes Familienerbstück – und kurz davor, auseinanderzufallen.

Die Fragilität der Freiheit angesichts der erstarkenden rechtsextremen Parteien, nicht nur in Deutschland, sondern europaweit und in den USA, zeige: „Politische Systeme sind nicht unsterblich”, las Gaby Dey.

Das Grundgesetz: Lesung im DT Göttingen
„Die Würde des Menschen ist unantastbar.” Artikel eins des Grundgesetzes, vorgelesen von Natalie Thiede. So banal es klingt, so elementar ist er doch für die Menschen, die in Freiheit und Demokratie leben wollen. „Jeder Mensch hat das Recht auf freie Entfaltung.” Und alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. Sätze, die gelesen auf der großen Bühne des DT, ihre Bedeutung entfalten.

Bastian Dulisch liest Auszüge aus der Regierungserklärung von Willy Brandt aus dem Jahr 1969 vor. Eine perfekte Demokratie könne er nicht schaffen, sagte der Staatsmann damals und appellierte an die Solidarität der Menschen. Werte, die heute so wichtig sind wie damals.

Bei der Amtseinführung von US-Präsident Joe Biden sprach Amanda Gorman die von ihr verfassten Sätze, die Gaby Dey den Besuchern am Ende mit auf dem Weg gab. „Den Hügel hinauf”, heißt das Gedicht der jungen US-Bürgerin, das auch in Zeiten von Angriffen auf demokratische Strukturen Hoffnung macht. Denn auch wenn Demokratie von Zeit zu Zeit verzögert werden könne, „lässt sie sich niemals dauerhaft besiegen”.

Quellenangabe: Göttinger Tageblatt vom 30.04.2024, Seite 11 – Online Version